So überraschend der Fund, so originell seine (Zweit-)Verwertung: Als 2021 bei Bauarbeiten in der City zufällig ein fast 100 Meter langes Stück der mittelalterlichen Stadtmauer Dortmunds freigelegt wurde, ahnte noch keiner, dass sich einige ihrer Befestigungssteine zwei Jahre später in facettenreiche Kunstwerke verwandeln würden. „Von der gefundenen Mauer musste nur ein kleines Stück herausgenommen werden – dafür hat die neue Fernwärmeleitung extra einen Bogen gemacht“, berichtet Ralf Herbrich von der Unteren Denkmalbehörde der Stadt. „Der große Rest verschwand wieder im Boden. Die entnommenen Steine hatten wir dann gegen eine Spende für den Deutschen Kinderschutzbund Dortmund an die Bürger*innen abgegeben. „Der große Andrang mit langen Schlangen und Wartezeiten hat uns deutlich gemacht, wie tief die emotionale Bindung der Menschen an die Historie Dortmunds und die alte Stadtmauer tatsächlich ist“, sagt die Leiterin des Kulturbüros Hendrikje Spengler. „Das hat uns als Kulturbüro und die Untere Denkmalbehörde dazu inspiriert, einige der historischen Stadtmauersteine auch in einen künstlerischen Kontext zu setzen. So entstand die Idee zum Wettbewerb KUNSTStein, den wir einmalig ausgelobt haben.“
Im September 2023 präsentierten schließlich 20 Dortmunder Künstler*innen ihre kreativen Arbeiten im Rahmen von KUNSTStein. Eine Jury hat über drei erste Plätze und einen Anerkennungspreis entschieden. Die Preise waren mit insgesamt 11.000 Euro dotiert. Am Ende der Ausstellungswoche in der Reinoldikirche freute sich Marc Bühren mit seiner Installation „Perpetual Transience“ über den ersten Platz: „Wir sind alle nur für eine begrenzte Zeit auf dieser Welt. Und es ist wichtig, darüber nachzudenken, wie wir hier unterwegs sind“, kommentiert der hauptberufliche Künstler sein Werk, für das er Gestaltungselemente wie Papierfaltung, Computeranimation, Projektion und Sound kombinierte.
Schatzkarten und Geocaching
Ganz anders die Thematik und Herangehensweise der Zweitplatzierten Denise Ritter: Sie versteckte einen Mauerstein als Geocache. Doch zum Entschlüsseln des Rätsels bei der Schatzsuche kommen nicht, wie sonst überwiegend, GPS-Koordinaten zum Einsatz, sondern künstlerische topografische Landkarten, die sie als Cyanotypien, also Blaudrucke, auf Baumwollpapier realisierte. „Die Schatzkarten bilden unterschiedliche Zeiten der Stadt Dortmund ab und beziehen sich auf den Stein: eine auf den geologischen Ursprung, eine auf das Mittelalter, eine auf die aktuelle Stadtentwicklung und eine auf die ökologische Perspektive“, so die Künstlerin, die ihren Schwerpunkt sonst auf Sound-Installationen setzt. Jede der vier Karten weist auf einen konkreten Ort hin, an dem der Mauerstein liegen könnte. Doch um ihn wirklich zu finden, ist schon eine sehr intensive Beschäftigung mit den Karten, ihren Inhalten und Hinweisen erforderlich.