Wenn die ganze Stadt zur Kunstausstellung wird

Wandgemälde prägen nicht nur das kreative Brückviertel
© Benito Barajas
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Wenn Fassaden zum Blickfang werden und mit Kunst im Großformat ganze Straßenzüge prägen, spricht man im Englischen von „Murals“. Auch die Dortmunder City hat viele solcher Street-Art-Wandgemälde zu bieten. Wand um Wand hat diese urbane Kunst insbesondere das Brückviertel als buntes, individuelles und kreatives City-Quartier erobert und bereichert. Viele Werke stammen von Künstler*innen mit weltweitem Renommee. Ein Streifzug durch die Dortmunder City als große Kunstaustellung, die jederzeit für alle zugänglich ist.

Sofort ins Auge fällt auf der Brückstraße das Werk von MOST gegenüber dem Konzerthaus. Grafisch-abstrakt, in Schwarz und Weiß, hat der Künstler dort eine ganze Wand gestaltet. Wer genau hinschaut, kann in den geometrischen Formen seine Initialen finden. Das Werk entstand 2017, als sich nationale und internationale Künstler*innen im Rahmen des Kunst- und Kulturfestivals „TransUrban“ in der City verwirklichten.

 

Führungen zur Street-Art

Das gilt auch für das ebenfalls schwarz-weiß-graue Werk von Lea Carla Diestelhorst, fast nebenan an der Ludwigstraße 8–10. „Hier schwingt mehr Bewegung mit“, erklärt Daniela Bekemeier von 44309//GALLERY, die das Projekt begleitet hat. „Ihre Zeichnungen sind naturalistisch inspiriert.“ Bekemeier ist Initiatorin und Kuratorin von Street-Art. Sie bietet auch Führungen zur Urban Art im öffentlichen Raum an – häufig durch das Unionviertel, das sich zum weiteren Street-Art-Hotspot entwickelt hat. Manchmal gibt es übrigens auch Fördermittel für die großflächige Kunst: Lea Carla Diestelhorst etwa hat neben der Fassade in der Ludwigstraße gerade im Auftrag der Stadt Dortmund auch die Ein- und Ausfahrt der Tiefgarage am Rathaus gestaltet – dafür gewährte das Land einen Zuschuss.

Zurück im Brückviertel begegnet man in der Reinoldistraße einem Werk des Brasilianers Alex Senna, das 2014 spontan zustande kam. Auf dem Tür-Rollo des Clubs Oma Doris präsentiert sich in Schwarz-Weiß sein „Alter Mann im Spiegel“. „Senna arbeitet oft geschickt mit Licht und Schatten, und bezieht seine Werke in die Umgebung ein – das sehen wir auch hier“, erklärt Daniela Bekemeier.

Am Brückcenter sucht ein pixeliger Geist im Pacman-Stil die Fassade heim, während weiter nördlich auf der Brückstraße, hinter dem Orchesterzentrum, in großen Lettern die Worte „Another Weekend“ in Erscheinung treten. Letztere gehören zu einer dreiteiligen Serie von Stefan Marx, die 2019 im Rahmen der Ausstellung „Ruhr Ding: Territorien“ entstand. Das Werk ist eine Referenz an einen Song des amerikanischen Singer-Songwriters Ariel Pink. Eine Hymne auf ein hedonistisches Wochenende? Mitnichten. Eine tiefmelancholische Ballade.

 

2020 verewigte sich der Künstler Parole mit seiner an orientalische Ornamente erinnernden Wandzeichnung in der Gerberstraße 3. „Der facettenreiche belgische Künstler verdreht, verzerrt und formt Schriften, bis die Buchstaben nahezu unleserlich sind und damit ihre Bedeutung als Codes für intersubjektive Kommunikation aufgeben“, berichtet Christian Weyers, Leiter von DORTMUND KREATIV. Sein Team ist heute der erste Ansprechpartner, wenn es um Wandmalereien im Brückviertel geht. „Zunächst schauen wir gemeinsam mit den Künstler*innen nach geeigneten Wänden. Dann stellen wir den Kontakt zwischen Immobilieneigentümer*innen und Künstler*innen her. Die eigentliche Umsetzung der Arbeit sprechen dann diese beiden Parteien miteinander ab“, erklärt Weyers. Manchmal ist DORTMUND KREATIV auch selbst Projektpartner.

 

Manche Kunstwerke bleiben nur auf Zeit

Um Kunst an Fassaden zu bringen, braucht es natürlich immer auch überzeugte Hauseigentümer*innen. Denn bei den Murals handelt es sich zumeist um beauftragte Arbeiten, die den öffentlichen Raum prägen – langfristig oder vorübergehend. Ein Kunstwerk auf Zeit ist etwa das Mural an der Kreuzung Königswall / Brinkhoffstraße. Das farbenfrohe Wandbild zeigt comicartig die Dortmunder Skyline aus figurativen Gebäuden im unverwechselbaren Stil des Künstlerkollektivs „The London Police“ aus Amsterdam. Im Vordergrund ihr Markenzeichen – die sogenannten „LADS“ – in Schwarz-Weiß mit dem Entstehungsjahr des Kunstwerks auf der Brust. Mit dem Neubau der VHS an dieser Stelle wird das Kunstwerk verschwinden – doch neue Street-Art wird weitere Fassaden erobern und bereichern.

© Benito Barajas
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