Wie managt man eine City? Interview mit Citymanager Tilmann Insinger

Johanna Wehmeyer und Tilmann Insinger aus dem Citymanagement wollen gute Ideen Wirklichkeit werden lassen und setzen dabei auf den engen Schulterschluss aller, die in der City etwas bewegen wollen. © Stephan Schütze
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Motivieren, vernetzen, beraten, fördern, veranstalten, werben und eigene Impulse setzen – all das hat sich das neue Citymanagement auf die Fahnen geschrieben. Seit März bildet das Team um Citymanager Tilmann Insinger die gebündelte Anlaufstelle und Schaltzentrale der City. Auch die Geschäftsführung für den City-Fonds liegt hier. 

Die Stabsstelle im Amt für Stadterneuerung ist ausgerichtet auf dynamische, fachbereichsübergreifende Arbeit. Das Team ist Ansprechpartner für alle möglichen City-Themen – von imagefördernden Aktionen über die Gestaltung öffentlicher Räume und Immobilien bis zu neuen Perspektiven für Leerstände. 

„Das Citymanagement ist ein ganz wichtiger Schlüssel, um die Gemeinschaftsaufgabe der Cityentwicklung dauerhaft zu meistern“, sagt Sebastian Kröger, amtierender Leiter des Amts für Stadterneuerung. „Das Profil und die Ziele des Citymanagements haben wir im Prozess ‚Miteinander. Mitte. Machen.’ gemeinsam mit der Stadtgesellschaft definiert. Und auch jetzt stehen die Kolleg*innen jeden Tag im engen Austausch mit allen, die in der City etwas bewegen wollen.“ 

Starkes Team aus insgesamt sechs Personen

Das Kernteam besteht bislang aus Citymanager Tilmann Insinger sowie der Verwaltungsangestellten Johanna Wehmeyer. Eine weitere Person soll das Trio ab dem Sommer komplettieren. Unterstützt wird das Kernteam durch jeweils eine weitere Person in der Wirtschaftsförderung, im Fachbereich Marketing + Kommunikation sowie im Amt für Angelegenheiten des Oberbürgermeisters und des Rates. 

Eine Arbeitsgrundlage für das Citymanagement sind die Profile für die neun City-Quartiere. Um die darin skizzierten Ziele zu erreichen, setzt das Citymanagement auf den engen Schulterschluss mit Händler*innen, Immobilieneigentümer*innen und anderen Akteur*innen. 

Ein Instrument ist dabei der City-Fonds. Dieser Fördertopf soll die Belebung der City unterstützen, indem er private Initiativen und Aktionen kofinanziert: Jeder privat eingebrachte Euro soll dabei verdoppelt werden. Insgesamt können Zuschüsse von bis zu 90.000 Euro pro Jahr fließen. 

Vom City-Fonds profitieren alle neun Quartiere

Wichtiger Teil des Konzepts ist, dass alle neun City-Quartiere davon profitieren sollen. Welche Projekte die Förderung erhalten, entscheidet ein Fondsbeirat mit 14 stimmberechtigten Mitgliedern aus Politik, Verwaltung und privaten Akteur*innen. Das Citymanagement hat die Geschäftsführung. „Wir freuen uns auf tolle Ideen und helfen gern bei Antragstellung, Planung und Umsetzung der Projekte“, betont Tilmann Insinger.

Interview: Wie der neue Citymanager gemeinsam mit seinen Kolleg*innen und der Stadtgesellschaft die City voranbringen will

Herr Insinger, Manager kennt man aus Unternehmen, von Fußball-Bundesligisten oder auch als Projektmanager. Wie aber managt man eine ganze City? 

Indem man der City zuhört, ihre Facetten zusammenbringt und sie als Ganzes unterstützt. Unser Job ist es, die vielen Akteur*innen mit verschiedenen Interessen hinter dem gemeinsamen Ziel einer starken City zu versammeln. Dabei geht es darum, innerhalb gewisser Leitplanken gemeinsam gute Ideen für die Zukunft zu entwickeln. Damit eine gute Idee Wirklichkeit wird, kommt das Citymanagement erneut ins Spiel: Für die Umsetzung braucht es Beratung, Überblick, Koordinierung, manchmal auch Geld – und hier und da ein bisschen Klinkenputzen in den Ämtern. Auch das gehört zu den Aufgaben des Citymanagements: als Anwalt privater Akteur*innen in der Verwaltung zu handeln, damit Dinge möglich werden. 

Was heißt das konkret, woraus besteht ihr Arbeitstag? 

Vor allem aus kommunizieren, kommunizieren, kommunizieren. Gespräche vor Ort führen, ansprechbar sein, Menschen treffen und zusammenbringen. Dabei helfen uns bestehende Netzwerke, die schon lange existieren. Viele Kommunikationskanäle wurden auch in jüngerer Vergangenheit aufgebaut, etwa im Prozess „Miteinander. Mitte. Machen.“, mit dem wir das Citymanagement für Dortmund vorbereitet und entwickelt haben. Dennoch möchte ich manche Ansätze jetzt auf die nächste Stufe heben, als optimale Basis für weitere Schritte. 

Wenn Sie jetzt die „gebündelte Anlaufstelle und Schaltzentrale“ für die City sind – können sich alle anderen gemütlich zurücklehnen, weil sie wissen, Sie werden das Kind schon schaukeln? 

Im Gegenteil – mit dem Citymanagement kommt zusätzlicher Schwung in die Sache, aber allein können wir wenig bewegen. Und Teil des Jobs ist es auch, beharrlich zu sein, nachzuhaken – und vielleicht auch dem einen oder anderen ein bisschen auf die Nerven zu fallen. Cityentwicklung ist Gemeinschaftsaufgabe. Das klingt mittlerweile fast wie eine Floskel, weil man es schon so oft gehört hat. Aber es ist einfach wahr: Die City gehört nicht der Verwaltung, auch nicht den Händler*innen, den Immobilieneigentümer*innen oder den Besucher*innen – und doch ist sie unser aller City. Voran geht es nur gemeinsam. Öffentlich-private Partnerschaften sind ein Schlüssel zum Erfolg. Ziel ist es immer, die Leute mit den Ideen und die Leute mit den Mitteln zur Umsetzung zusammenzubringen. 

Sie haben berufliche Erfahrung in anderen Orten und beobachten die Entwicklungen in anderen Kommunen. Ist das Bild überall gleich, oder hat Dortmunds City besondere Herausforderungen und Stärken? 

Mit den Fragen, die wir hier diskutieren, steht Dortmund bei weitem nicht alleine da. Der Wandel im Handel ist überall eine Herausforderung. Aber auch der Drogenkonsum im öffentlichen Raum und die aggressive Bettelei sind etwa in anderen Ruhrgebietsstädten gleichermaßen ein Problem. Hier ist Dortmund mit dem Sonderstab Ordnung und Stadtleben des Oberbürgermeisters gut aufgestellt. Der oft thematisierte Leerstand ist an manch anderen Orten deutlich gravierender als in Dortmund. Natürlich ist es gleichwohl eine Herausforderung und natürlich gehen wir das Thema an, zum Beispiel mit dem Anmietungs-Fonds. Aber bei uns gibt es Fluktuation, es gibt Nachfrage nach Geschäftsräumen. Da sind andere Städte an ganz anderen Punkten. Auch die unbeliebten City-Baustellen sind letztlich ein gutes Zeichen. Denn dort, wo am öffentlichen Raum gearbeitet wird, wird die City künftig schöner, die Aufenthaltsqualität steigt. Und jede Immobilie, an der gebaut wird, ist eine Investition – da glaubt jemand an den Standort Dortmund! Dabei sehen wir, dass nicht nur Handel kommt, sondern auch zum Beispiel das Wohnen eine zunehmende Rolle spielt, Gastronomie oder Freizeitangebote – wie zum Beispiel bei der ehemaligen Conrad-Immobilie oder der jetzigen C&A-Immobilie. Neue Nutzungen drängen in die Innenstadt. Auch das ist ein Zeichen ihrer Vitalität. 

Wo sehen Sie denn in Dortmund die besten konkreten Ansatzpunkte für die Arbeit des Citymanagements? Was können und wollen Sie mit Ihrer Arbeit verändern? 

Wir möchten der City helfen, sich gemäß den neun Quartiersprofilen weiterzuentwickeln und zu entfalten. Das Klosterviertel braucht andere Maßnahmen als der Hellweg, das Katharinenviertel andere als das Rosenviertel. Diese kleinteilige Betrachtung hilft, die Vielfalt des Innenstadtlebens aufzufächern. Entsprechend zielgenau sprechen wir die privaten Akteur*innen an und motivieren sie, sich einzubringen. Dort, wo der Handel stark ist, möchte ich gemeinsame Aktionen der Händler*innen auf die Beine stellen. Ich glaube, da ist noch Luft nach oben. 

Was haben Sie schon ins Rollen gebracht, was sind erste Amtshandlungen? 

Auch hier gilt: kommunizieren, kommunizieren, kommunizieren! In den Wochen seit meinem Start hat sich eine unglaubliche Bandbreite von Menschen bei mir gemeldet. Weil sie Interesse an der City haben und sich vorstellen können, hier was zu machen. Das ist ein großes Pfund! Das Spektrum reicht dabei von Tourismus über Handel, Soziales, Nightlife, Kunst und Kultur sowie Kreativwirtschaft bis zu Freizeitangeboten. Natürlich habe ich auch mit örtlichen Gewerbetreibenden, Immobilieneigentümer*innen und Politiker*innen gesprochen. Konkret haben wir den City-Fonds für die öffentliche Förderung privater Vorhaben aktiviert. Und den Anmietungs-Fonds, der leerstehende Ladenlokale für neue Nutzer*innen günstiger verfügbar macht. Außerdem fangen wir ja nicht bei Null an – spätestens seit 2021 und dem Prozess „Miteinander. Mitte. Machen.“ steht die City im Fokus. Die Verwaltung hat Projekte in allen neun Quartieren gestartet, zudem sind Maßnahmen für 1,87 Millionen Euro aus dem NRW-Programm „Zukunftsfähige Innenstädte und Ortszentren“ auf den Weg gebracht. 

Wenn Sie durch die City gehen – was ist in Ihren Augen ein Ort mit besonders viel Potenzial? 

Es gibt vor allem Orte, die mich emotional ansprechen. Und darum geht es letzten Endes: Wenn die City gute Gefühle weckt, dann sind Menschen gern dort. Das Potenzial dafür hat in meinen Augen zum Beispiel der Stadtgarten. Natürlich gibt es dort offenkundige Problemlagen, an denen zurecht auch gearbeitet wird. Aber wenn ich morgens auf dem Weg zur Arbeit am Gauklerbrunnen vorbeigehe, empfinde ich das Wasserspiel in der Grünanlage als echte Wohltat. Solche Stärken müssen wir sehen und ausbauen. Es gibt in der City viel zu tun, ohne Frage – aber wir dürfen nicht darin verfallen, uns ständig nur an den Problemen entlang zu hangeln. Unsere City hat Stärken, sie hat Potenzial, und sie hat Zukunft. Davon bin ich absolut überzeugt.  

Das Team 

Tilmann Insinger ist Raumplaner, lebt seit 1997 in Dortmund und war zuvor im Amt für Stadterneuerung Projektleiter im Team City. Aus früherer Tätigkeit in einem Planungsbüro bringt er Erfahrung im Citymanagement anderer Kommunen mit. Auch für zahlreiche weitere Stadtentwicklungsprozesse hat er an der Schnittstelle zwischen Verwaltung, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft gearbeitet. In Dortmund hat Insinger bereits den Aufbau des Vereins Qualitätsroute begleitet. 

Johanna Wehmeyer ist Verwaltungsfachangestellte. Nach ihrer erfolgreichen Ausbildung bei der Stadt Dortmund ist sie direkt eingestiegen als Fachkraft im Citymanagement. 

Eine dritte Person komplettiert ab dem Sommer das Team. 

Kontakt zum Citymanagement 

• Telefon: (0231) 50 2 26 73 

• E-Mail: citymanagement@dortmund.de 

• Persönlich: bis Mitte August im „Projektor“ (Westenhellweg 136), donnerstags von 15 bis 17 Uhr 

Weitere Infos

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