Wenn die City zum Campus wird

Dortmunds Hochschulen prägen die Innenstadt
Das Orchesterzentrum NRW ist die erste hochschulübergreifende Ausbildungsstätte in Europa. © Stephan Schütze
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Erst Anfang des Jahres eröffnete die Technische Universität (TU) Dortmund einen neuen Lernort am Westenhellweg 127. Im ehemaligen Fernmeldeamt oder Telekom-Gebäude hat die TU 160 Arbeitsplätze für ihre Student*innen eingerichtet.

Eine solche Möglichkeit zum Lernen in der Innenstadt hatten sich die Studierenden schon lange gewünscht. Schon in der ersten Woche nach Eröffnung waren zu Stoßzeiten bereits alle Arbeitsplätze vergeben. Auch wer an der Ruhr-Universität Bochum, der Universität Duisburg-Essen oder der Fachhochschule Dortmund studiert, kann den neuen Lernort an sieben Tagen in der Woche nutzen. Er ersetzt nicht nur Arbeitsplätze, die durch den Neubau der Universitäts-Bibliothek vorübergehend wegfallen. Vielmehr bringt er die Hochschulen und damit die Wissenschaft in die City. Mit Veranstaltungen und Projekten zeigen die Hochschulen auch darüber hinaus dort Präsenz und wirken aktiv am Leben in der Innenstadt mit.

 
Impulse aus der Wissenschaft

Sieben Hochschulen mit insgesamt rund 54.000 Studierenden gibt es in der Stadt: die TU Dortmund, FH Dortmund, ISM International School of Management, IU Internationale Hochschule, HSPV NRW (Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung), FOM Hochschule und das Orchesterzentrum NRW. „Wissenschaftler*innen und Studierende sind Teil der Dortmunder Stadtgesellschaft und prägen sie mit. Sie haben einen eigenen Blick auf die Stadt“, sagt Angela Märtin, Hochschul- und Wissenschaftsreferentin der Stadt Dortmund. „Auch die Kulturszene erfährt wichtige Impulse aus der Dortmunder Wissenschaft und profitiert von der Zusammenarbeit mit ihr. Im Dortmunder U beispielsweise verschmelzen Bildung, Wissenschaft, neue Technologien, Kunst und Kultur auf beeindruckende Art und Weise.“

Im U steht die ganze erste Etage der Technischen Universität und der Fachhochschule Dortmund zur Verfügung. Hier sitzt das storyLab kiU, das digitale Forschungs- und Präsentationszentrum der FH Dortmund. Studierende unterschiedlicher Studiengänge erforschen und entwickeln Präsentationsformen und Erzählweisen digitaler Medien. Zu ihren Aktionen gehörten etwa die Fassaden-Mappings am Gebäude des U. Ein solche Projektion soll es auch zur diesjährigen Museumsnacht wieder geben. Zudem ist das storyLab kiU im Fulldome vertreten, einer immersiven Kuppel im Eingangsbereich. Dort sind 360°-Filme zu Projekten des Hauses ebenso zu sehen wie Konzertfilme.

Die TU Dortmund bezeichnet die Hochschul-Etage im U als ihren „Campus Stadt“ und sieht sie als Fenster zur City. Sie wolle zwischen unterschiedlichen Wissenschaftskulturen vermitteln und es Lehrenden wie Studierenden ermöglichen, einen aktiven Beitrag für die Stadtgesellschaft zu leisten.

 

Diverse Standorte in der Dortmunder City

Neben der Etage im Dortmunder U nutzen Hochschulen gerne den PROJEKTOR, einen „Raum für Innovationen“ auf dem Westenhellweg, für Ausstellungen, aber auch für Seminare, Workshops, Vorträge und andere Veranstaltungen für unterschiedliche Zielgruppen. Eingerichtet haben den PROJEKTOR die Wirtschaftsförderung und das Hochschul- und Wissenschaftsbüro der Stadt Dortmund, um aktuelle Innovationsthemen sichtbarer zu machen. Auch mit dem Superraum von DORTMUND KREATIV, der Stabsstelle für Kreativquartiere, sowie mit Projekten oder Ausstellungen als Zwischennutzung von Leerständen unterstützt die Stadt das Anliegen der Hochschulen. So zum Beispiel in der Hansastraße mit den Räumen Hans A und Hans B.

 
Lernen, tagen, wohnen und gestalten

Dass die Hochschulen im Zentrum der Stadt künftig eine wichtigere Rolle spielen sollen, diesen Wunsch haben schon viele geäußert – Cityring bis hin zur Industrie- und Handelskammer zu Dortmund (IHK). Obwohl viele Studierende zu ihrer Hochschule pendeln, wünschen sie sich die Anbindung an das Herz der Stadt. Die Tendenz zeigt, dass immer mehr Studierende Dortmund als ihren Lebensmittelpunkt wählen. Zuletzt entstanden in der City Apartments für speziell diese Zielgruppe. Trotz steigender Mieten ist Wohnraum in Dortmund im Landes- und Bundesvergleich noch günstig.

Mehr Sichtbarkeit ist ein wichtiges Ziel der Technischen Universität: „Wir wollen beständig die TU Dortmund als attraktiven Studienstandort und Arbeitgeber positionieren“, sagt Prof. Dr. Manfred Bayer, Rektor der TU. „Nach wie vor besteht großes Potenzial, die Sichtbarkeit der TU Dortmund in der Stadt zu steigern und stärker im Bewusstsein der Stadtgesellschaft zu verankern.“ Gerade für Studierende habe eine Dependance in der Innenstadt zahlreiche Vorteile: „Auf dem Campus besteht außerhalb der üblichen Lehrveranstaltungszeiten nur eine eingeschränkte Versorgungsinfrastruktur, die verkehrstechnische Anbindung über die S1 ist ebenfalls limitiert. Auf dem Campus gibt es außerdem nur wenig geeignete Flächen, um wissenschaftliche Tagungen und Kongresse durchzuführen“, erklärt Bayer. Deshalb führe die TU aktuell Gespräche über geeignete Immobilien in der Innenstadt – für Lehrräume, aber auch für öffentliche Vorträge, Bürgerlabore und Tagungen.

 

Orchesterzentrum mittendrin

Jetzt schon mitten in der City, zwischen Hauptbahnhof und Konzerthaus in der Brückstraße, hat das Orchesterzentrum NRW seinen Sitz. Es ist die erste hochschulübergreifende Ausbildungsstätte für professionelle Orchestermusiker*innen in Europa – eine gemeinsame Einrichtung der vier Musikhochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen in Detmold, Düsseldorf, Essen und Köln. Bietet das Zentrum den Musiker*innen einerseits optimale Bedingungen für ihr Studium, so bereichert es außerdem das kulturelle Angebot der Innenstadt: In zahlreichen öffentlichen Konzerten zeigen die künftigen Orchestermusiker*innen ihr Können. Die Konzerte sind fast immer kostenlos.

Zudem beteiligen sich die Hochschulen an Veranstaltungen wie der Museumsnacht im September oder DORTBUNT Anfang Mai. Die Fachhochschule wird hier zum Beispiel beim Nachhaltigkeitsdorf mitwirken.

 

Die City als Thema in Seminaren und Projekten

Auch mit der City selbst setzen sich die Studierenden immer wieder auseinander, etwa mit der Projektarbeit „All Eyes on the City: Neue Ansätze für Dortmunds Innenstadt“. Im Sommersemester 2022 untersuchten Student*innen der TU die Attraktivität öffentlicher Räume in der Dortmunder City für Jugendliche und junge Erwachsene. Ihr abschließender Projektbericht enthielt viele ganz konkrete Handlungsvorschläge für die Stadt Dortmund, die auch den Rat der Stadt bereits beschäftigt haben.

Hochschul- und Wissenschaftsreferentin Angela Märtin betont, wie wertvoll es ist, dass die Studierenden sich einbringen: „Die Stadt durch die Brille dieser wichtigen Zielgruppe zu betrachten und sie in Planungsprozesse einzubeziehen, halte ich für überaus wichtig. Geschäfte, Gastronomie, Freizeit, Kultur – es gibt kaum einen Bereich in der City, der nicht davon profitiert, wenn viele Studierende die Innenstadt als anziehend wahrnehmen. Dafür tun wir in Dortmund schon eine Menge, aber es ist noch Luft nach oben.“

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