Mehr Platz für Bäume, Rad- und Fußverkehr auf dem Wallring der Zukunft

Neue Abschnitte des Radwalls und temporärer Radweg um die ganze City
© Roland Gorecki
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Noch ist es eine Vision: der Wallring als Ort mit hoher Aufenthaltsqualität, mit viel Grün und durchgehend komfortablen Radwegen. Pläne für das Dekaden-Projekt müssen erst noch entwickelt werden. Aber insbesondere für Radfahrende wird es auf dem Weg dorthin schon vorher eine Übergangslösung geben.

Auf einem Wallring mit grünem Allee-Charakter spazieren gehen, zwischendurch an lauschigen Orten unter üppigen Baumkronen auf Bänken verweilen und mit anderen ins Gespräch kommen. Unvorstellbar? Nein! Als zwischen 1810 und 1874 die Stadtmauer abgetragen wurde, entstand genau das: der Wallring als Prachtboulevard. Bis zu den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg war er die beliebteste Flaniermeile für viele Bürger*innen der Stadt – zu Fuß, auf dem Rad, mit dem Auto, vielleicht auch noch mit der Pferdekutsche. Genau so kann es natürlich nicht mehr werden.

Stadtplanung hatte jahrzehntelang den Autoverkehr im Fokus

Was ist der Wallring heute? Ein großzügiger, breiter Verteilerkreis für den Autoverkehr. Für Fußgänger*innen, die aus den umliegenden Quartieren in die City kommen, ist er eine Barriere, die nur schwer zu überwinden ist und kaum Aufenthaltsqualität bietet. Der Radverkehr wird dort, mit Ausnahme des Radwalls am Ost- und Schwanenwall, als Ein-Richtungs-Verkehr auf zu schmalen Radwegen oder Radfahrstreifen geführt. Aus der Klima-Perspektive ist der Wall ein stark versiegelter Ort, der zur Aufheizung der City beiträgt, insbesondere vor dem Hauptbahnhof, am Westentor und auf dem Südwall.

Das „FestiWall“ im Sommer 2022 hat bewusst gemacht, dass der Wall auch heute wieder eine Straße für alle sein könnte. Die Dortmunder*innen würden ihren zurückeroberten Wallring lieben, das hat sich beim „FestiWall“ gezeigt, als Ostwall und Schwanenwall für den Autoverkehr tabu waren und man auf dem inneren Ring an Tischen sitzen konnte, beim Picknick ins Gespräch kam und auf der Mobilitätsspur auf dem äußeren Ring mit Rädern oder Lasten-E-Bikes unterwegs sein konnte.

Umbau in drei Stufen auf lange Sicht und städtebaulicher Wettbewerb

Das „FestiWall“ war der Höhepunkt des von der Europäischen Union geförderten Projekts „Emissionsfreie Innenstadt“. Dieses Projekt hat sich gemeinsam mit dem Tiefbauamt auch um die neue fahrradfreundliche Infrastruktur an Ost- und Schwanenwall, den Radwall, gekümmert. Doch der Radwall am Schwanen- und Ostwall ist nur der Anfang: „Künftig soll der gesamte Wallring fahrradfreundlich sein, denn sämtliche Velorouten aus den Stadtbezirken in die Innenstadt, die wir derzeit planen, sollen hier münden. Der Wallring wird für den Radverkehr eine wichtige Verteil- und Verbindungsfunktion übernehmen“, erläutert Stefan Thabe, Leiter des Stadtplanungs- und Bauordnungsamtes.

Das Team Emissionsfreie Innenstadt hatte einen Umbau des gesamten Wallrings ins Gespräch gebracht und dafür eine der aufwändigsten Bürger*innen-Beteiligungsaktionen der vergangenen Jahre angestoßen. Ein Verkehrsgutachterbüro prüfte sechs Varianten für die mögliche Verkehrsführung auf dem Wallring der Zukunft. Nach der Auswertung, weiterer Beteiligung der Öffentlichkeit und einem Ratsbeschluss steht nun fest: der Umbau soll in mehreren Stufen erfolgen und sich dabei an drei der geprüften Planfälle, die aufeinander aufbauen, orientieren.

Denn die Stadt Dortmund hat sich viel vorgenommen: Sie will die ganze Stadt und den Verkehr an die Folgen des Klimawandels anpassen. Darum soll der Wallring fahrrad- und fußgängerfreundlicher werden und mehr Platz für Aufenthalt und Grün bieten. Mehr Bäume spenden mehr Schatten und binden unermüdlich CO2 aus der Luft. Klar ist, dass für diese Ziele der Autoverkehr Platz abgeben muss. Was so einfach klingt, ist durchaus komplex: „Der Wallring ist in seinem Verlauf unterschiedlich breit und daher ist eine komplette und gut durchdachte Neuplanung notwendig. Um hierzu möglichst viele kreative Ideen und darunter die bestmögliche Lösung zu finden, planen wir voraussichtlich ab 2025 die Auslobung eines freiraumplanerischen-städtebaulichen Wettbewerbs“, berichtet Stefan Thabe. Auch dabei wird die Öffentlichkeit wieder intensiv eingebunden. Der Umbau ist ein Dekadenprojekt und erfolgt in mehreren Schritten.

Provisorische Radwege bis zur großen Lösung

Doch was passiert bis dahin? Der Rat hat im Dezember 2022 grünes Licht zur Planung einer Übergangslösung für den Radverkehr gegeben. Das Tiefbauamt wird 2024 mit gutachterlicher Unterstützung ein Radverkehrs-Konzept für die Teile des Walls entwickeln, die bislang noch mit zu schmalen Radverkehrsanlagen auskommen müssen. Also: Schaffung von temporären Radwegen durch Markierung und Anpassung der Ampelanlagen. Der Autoverkehr wird dafür je eine Fahrspur pro Fahrtrichtung auf dem westlichen, dem südlichen und dem nördlichen Wallring (Burgwall, Königswall, Hoher Wall, Hiltropwall und Südwall) abgeben müssen. Die frisch umgebauten Radverkehrsanlagen am Ost- und Schwanenwall bleiben bestehen.

 
Weiterbau des Radwalls

Aber es gibt schon 2023 etwas zu tun, denn der Radwall ist noch nicht komplett: die Bauabschnitte 8 und 9 stehen noch aus – sie liegen am äußeren Ring des Schwanenwalls zwischen Platz von Novi Sad und der Bornstraße. „Damit auch dieser Radweg möglichst lange ohne bauliche Eingriffe bestehen kann, wurden alle im Vorfeld einbezogen, die den Untergrund für Leitungen, Rohre und Kanäle nutzen“, erläutert Sylvia Uehlendahl, Leiterin des Tiefbauamtes. Weil die Kanalisation im Bauabschnitt 8 (Platz von Novi Sad bis Geschwister-Scholl-Straße) stark sanierungsbedürftig ist und ihr Querschnitt nicht mehr ausreicht, wird die Baumaßnahme nun mit einer Kanalerneuerung kombiniert. Die gemeinsame Ausschreibung von Tiefbauamt und Stadtentwässerung für beide Bauabschnitte ist für das vierte Quartal 2023 vorgesehen. „Unser Ziel ist es, gleich Anfang 2024 mit beiden Bauabschnitten gleichzeitig zu starten, damit die Radler*innen auf dann neuen Wegen gut ins Frühjahr starten können“, erklärt Sylvia Uehlendahl. Für den Bau der Radinfrastruktur sind Kosten von 1,5 Millionen Euro veranschlagt, die voraussichtlich zu 95 Prozent durch das Land gefördert werden.

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