Der Bereich des Pylons an der Haltestelle Reinoldikirche. Die C&A-Immobilie am Brüderweg. Der ehemalige Sitz der Mayerschen am Platz von Netanya. Das Gebäude der früheren Conrad-Filiale an der westlichen Kampstraße. Und die Immobilie, die jahrzehntelang das Musikhaus Jellinghaus beherbergt hat. All diese City-Spots haben etwas gemeinsam: Sie alle sind Baustellen oder stehen kurzfristig als solche an. Und Baustellen sind lästig. Lärmig, staubig, oft im Weg. Doch die Baustellen in der City zeigen gleichzeitig: Hier wird in die Zukunft investiert!
Das gilt nicht nur für Immobilien, sondern auch für Straßen und Plätze. Auf deren Baustellen tut sich oft mehr, als auf den ersten Blick erkennbar ist. Dass unter dem schönen Pflaster schnelle Glasfaserleitungen, ein neuer, größerer Abwasserkanal oder klimafreundliche Fernwärmeleitungen liegen, ist am Ende zwar unsichtbar. Für die Modernisierung und den Ausbau einer zukunftsfähigen, klimaangepassten und sicheren Infrastruktur aber sind solche Maßnahmen dringend notwendig.
Mareike Trentz ist im Tiefbauamt verantwortlich für die Planung und den Bau von Straßeninfrastruktur-Maßnahmen. Sie kümmert sich dabei neben diversen anderen Aufgaben um das Baustellenmanagement größerer Straßenprojekte mit vielen Beteiligten.
Generell unterhält das Tiefbauamt rund 2.060 Kilometer Straßen, Fußwege, Plätze und Boulevards. Ebenso gehören alle Straßenbäume inklusive Straßenbegleitgrün dazu. Auch rund 670 Kilometer Radwege, 390 Brücken sowie diverse ÖPNV-Anlagen, Ampeln, Ladepunkte für Elektrofahrzeuge, Markierungen und Beschilderungen sind zu betreuen. Viel Arbeit also für das Tiefbauamt, mit vielen Schnittstellen. Wie managt man eine komplexe Baustelle? Wie sorgt man für den reibungslosen, möglichst geräuschlosen Ablauf? Im Interview gibt Mareike Trentz Einblicke ins Baustellenmanagement und die besonderen Herausforderungen der City-Projekte wie etwa der Kampstraße.
Frau Trentz, Baustellenmanagement – bedeutet das eigentlich mehr Arbeit im Vorfeld oder während einer Baumaßnahme?
Wir haben natürlich schon im Vorfeld ein hohes Arbeitsaufkommen. Denn Baumaßnahmen müssen planerisch durchdacht und alle Beteiligten frühzeitig einbezogen sein. Das bedeutet: viel reden, Pläne entwickeln, übereinanderlegen, Beteiligte zusammenführen und zusammenhalten. Aber auch während der Umsetzung bleibt der Arbeitsaufwand hoch. Regelmäßige Baubesprechungen mit allen Beteiligten helfen, die Abläufe stetig zu optimieren, an unerwartete Herausforderungen anzupassen und pragmatische Lösungen für konkrete Probleme zu finden. Von außen mag es manchmal so aussehen, als würden die Baubeteiligten auf der Baustelle nur herumstehen – das ist ein Trugschluss! Gerade das Gespräch vor Ort fördert den Baufortschritt und sorgt häufig für unbürokratische Lösungen.
Bauabläufe können sich trotz sorgfältiger Planung dynamisch entwickeln. Daher ist ein gutes Miteinander wichtig. Wir nehmen auch immer – so gut es eben geht – Rücksicht auf die Anlieger*innen und ermöglichen den durchgängigen Zugang zu Gebäuden und Zufahrten. Ist das einmal kurzzeitig nicht möglich, finden wir gemeinsam Lösungen.
Ist eine City-Baustelle eine besondere Baustelle?
In gewisser Weise schon. Denn insbesondere in der City gibt es regelmäßig Veranstaltungen. Die wollen wir möglichst nicht behindern. Für Großveranstaltungen wie die Weihnachtsstadt oder die EM sorgen wir für verträgliche Unterbrechungen unserer Arbeiten und bauen Baustellen, so weit wie es geht und erforderlich ist, zurück. Sind Beeinträchtigungen nicht vermeidbar, gehen wir ins direkte Gespräch mit dem Veranstaltungsmanagement und den Veranstalter*innen, um gangbare Lösungen für alle zu finden.
Und natürlich haben viele, auch die politischen Gremien, ein besonders großes Interesse an den City-Projekten. Nehmen wir die Kampstraße als Beispiel: Vier der fünf in der Vergangenheit politisch beschlossenen Bauabschnitte sind fertiggestellt oder befinden sich in der Umsetzung. Die ursprünglichen Pläne für den letzten Bauabschnitt – das zentrale Kernstück – sind für viele Bürger*innen jedoch nicht mehr zeitgemäß, daher wurde zwischenzeitlich sehr kontrovers über sie diskutiert. Was beziehungsweise welche der vielfältigen Wünsche jedoch konkret in die Umsetzung kommen sollen, befindet sich weiterhin in der Klärung.
Baustellen, so scheint es, bleiben oft länger als ursprünglich geplant, auch in der City. Woran liegt das?
Das kann ganz unterschiedliche Gründe haben. Die Witterung ist häufiger ein Problem. Vor allem zu hohe oder zu niedrige Temperaturen und Regen bringen unsere Zeitpläne durcheinander. Nicht immer können die Baufirmen ausreichend flexibel reagieren, zum Beispiel weil Personalkapazitäten anders eingeplant waren, als sie dann tatsächlich benötigt werden. Schließlich haben die Firmen nicht nur eine Baumaßnahme zu betreuen und sind teilweise auf eigene Expert*innen für bestimmte Arbeiten angewiesen. Denn nicht jede*r Mitarbeiter*in kann pflastern und ist gleichzeitig in der Lage, Asphalt sachgerecht einzubauen. Auch Lieferengpässe kann es geben.
Dann gibt es im Untergrund oft unerwartete Probleme wie falsch verlegte oder nicht kartierte Leitungen, alte Keller und Schachtbauwerke, die erst bei den Bauarbeiten sichtbar werden. Findet sich bei störenden Leitungen kein*e „Besitzer*in“, werden die Kabel getrennt – in der Hoffnung, dass dies nicht zu Ausfällen führt. Bei der Neugestaltung der Kampstraße in Höhe der Haltestelle Reinoldikirche waren es die Bauarbeiten selbst, die unerwartet unerwünschte Auswirkungen auf das unterirdische Stadtbahnbauwerk erzeugt und so Verzögerungen verursacht haben. Insgesamt haben wir es mit vielen Abhängigkeiten zu tun.
Zum Beispiel mit DEW21, DONETZ, der Stadtentwässerung und Telekommunikationsunternehmen sind wir im ständigen Austausch zu Strom, Wasser, Gas, Fernwärme, dem Kanalbau oder neuen Telefon-, Internet- oder TV-Kabelprojekten. Wir versuchen im Vorfeld von Straßenbauprojekten in die Zukunft zu schauen. Wir klären: Wer plant welche Vorhaben in welchem Zeitraum? Dann holen wir möglichst alle mit ins Boot, damit eine frisch gemachte Straße nicht nach kurzer Zeit wieder aufgebrochen und gesperrt werden muss.